Drei Fragen an amm-Beirätin Christel Nigg

KD Dr. med. Christel Nigg ist Fachärztin Innere Medizin FMH mit den Schwerpunkttiteln Palliativmedizin sowie Psychosoziale Medizin und Psychosomatik SAPPM. Sie ist seit 2015 Chefärztin und Vorsitzende der Geschäftsleitung an der Klinik Susenberg in Zürich. Zudem doziert sie an der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich.

1. Sie sind neu im Beirat der amm. Was hat Sie bewogen, diese Aufgabe zu übernehmen?

 

Für mich steht in meiner ärztlichen Tätigkeit der Mensch im Mittelpunkt – daher kann ich mich mit den Grundsätzen der Akademie Menschenmedizin vollumfänglich identifizieren. Als mich Annina Hess angefragt hat, Mitglied des Beirats zu werden, habe ich sehr gerne zugesagt.

 

2. Welcher Aspekt der Menschenmedizin ist Ihnen besonders wichtig? In welchem Bereich sehen Sie besonders dringenden Handlungsbedarf?

 

Die medizinischen Entwicklungen der letzten Dekaden sind immer mehr von der Machbarkeit bestimmt, weniger von der Sinnhaftigkeit und oft auch nicht von den Kosten. Als in der integrierten Versorgung von älteren, multimorbiden und teilweise auch lebensbedrohlich erkrankten Patienten tätige Ärztin werde ich mit Verläufen konfrontiert, die weniger der Lebensqualität und der Autonomie der Menschen  dienen, als Ausdruck der technisierten Medizin sind. Bevor eine eingreifende Therapie begonnen wird, sollten die wahrscheinlichen Verläufe und die möglicherweise bleibenden Defizite in angemessener Form kommuniziert und die Entscheidung unter Berücksichtigung der Wünsche und Erwartungen des Betroffenen und seines Umfeldes gefällt werden. Dazu gehört auch das Sprechen über Sterben und Tod.

 

3. Wenn Sie darüber entscheiden könnten: Welche konkrete Änderung würden Sie am Gesundheitswesen in der Schweiz vornehmen und warum?

 

Das Gesundheitswesen in der Schweiz ist – trotz Kritik – in meinen Augen eines der besten. Konkret ändern sollte man das Anreizsystem, welches Aktivismus und Invasivität mehr belohnt als Kommunikation und Begleitung.