Drei Fragen an amm-Beirat Flurin Condrau

Prof. Dr. phil. Flurin Condrau ist Professor für Medizingeschichte an der Universität Zürich.

1. Sie sind neu im Beirat der amm. Was hat Sie bewogen, diese Aufgabe zu übernehmen?

 

Ich kannte die Akademie Menschenmedizin seit Jahren, aber erst durch die Covid-Pandemie ist mir bewusst geworden, dass die AMM vielleicht der einzige Ort in der Schweiz ist, wo wirklich über die aktuelle Medizin breit reflektiert und diskutiert wird. Ich kann sicherlich von der AMM selbst viel lernen und gelegentlich auch eine historische Dimension beliebt machen.

 

2. Welcher Aspekt der Menschenmedizin ist Ihnen besonders wichtig / In welchem Bereich sehen Sie besonders dringenden Handlungsbedarf?

 

Als Professor der medizinischen Fakultät bin ich am Unterricht zukünftiger Ärztinnen und Ärzten beteiligt. Mir fällt dabei immer wieder auf, dass mit den jungen Leuten kaum über Geld geredet wird, obwohl das Schweizer Gesundheitswesen seit Jahrzehnten von finanziellen Überlegungen stark bestimmt wird. Es ist meiner Meinung überhaupt nicht klar, dass bei klinischen Entscheidungen im besten Interesse des Patienten immer auch die besten wirtschaftlichen Interessen des Krankenhauses oder der Praxis berücksichtigt werden können und umgekehrt. Eine breite Diskussion über die menschlichen, klinischen und auch wirtschaftlichen Folgen der Gewinnorientierung im Gesundheitswesen scheint mir sehr wichtig zu sein.

 

3. Wenn Sie darüber entscheiden könnten: Welche konkrete Änderung/Massnahme würden Sie am Gesundheitswesen in der Schweiz vornehmen und warum?

 

Das Schweizer Gesundheitswesen ist bekanntlich sehr thearpiefokussiert, was man ja angesichts der starken Stellung der Pharma-Industrie in der Schweiz auch nachvollziehen kann. Demgegenüber sind die Einrichtungen zur Prävention unterentwickelt sowohl auf Kantons- wie auch auf Bundesebene. Ich würde deshalb das BAG reorganisieren und eine eigenständige Behörde für Public Health bzw. Prävention schaffen. Ich verspreche mir davon viel: bessere Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten, aber endlich auch ein klares Bekenntnis zur Prävention im Dialog mit den Kantonen, Gemeinden sowie den jeweiligen Bevölkerungsgruppen.